
Flickenteppichartige Datenschutzgesetze und langsame, veraltete Einwilligungsmodelle können der rasanten Entwicklung von KI, Neurotechnologie und Überwachung nicht standhalten. Die Regulierung schreitet ungleichmäßig voran und hinterlässt Lücken bei neuronalen Daten, Profiling und Verschlüsselung. Statische Einwilligungen sind weiterhin unzureichend. Ohne einheitliche, dynamische und datenschutzfreundliche Rahmenbedingungen riskieren Unternehmen, den Anschluss zu verlieren und ihre Nutzer unkontrollierter Datennutzung auszusetzen.
Neue Technologien – von hyperpersonalisierter KI bis hin zu Gehirn-Computer-Schnittstellen – verändern unser Leben, unsere Arbeit und unsere Interaktion grundlegend. Doch mit dem rasanten Innovationstempo müssen wir uns fragen, ob unsere Datenschutzbestimmungen und Einwilligungsinstrumente Schritt halten können. Vieles deutet darauf hin, dass sie oft Schwierigkeiten haben, mit der Geschwindigkeit neuer Technologien mitzuhalten.
Anders als die übergreifende DSGVO der Europäischen Union gibt es in den USA kein nationales Datenschutzgesetz. Stattdessen stützt man sich auf ein Flickwerk von Landesgesetzen. Allein im Jahr 2024 wurden sieben neue umfassende Datenschutzgesetze auf Landesebene verabschiedet, vier davon traten sofort in Kraft, elf weitere sind für 2025 und 2026 geplant. Bis dahin wird fast die Hälfte der US-Bevölkerung durch ein umfassendes Landesdatenschutzgesetz geschützt sein.
Diese Fragmentierung führt zu Komplexität. Durch die Änderungen in den einzelnen Bundesstaaten stehen Unternehmen vor Compliance-Problemen und steigenden Betriebskosten. Auch die Einwilligungsmodelle variieren. Einige Staaten verlangen für sensible Aktivitäten eine aktive Einwilligung, andere setzen weiterhin standardmäßig auf Widerspruch, was Unternehmen und Verbraucher gleichermaßen verunsichert.
Weltweit schreitet die Entwicklung weiter voran. Anfang 2024 waren 137 Länder (rund 79 % der Weltbevölkerung) durch nationale Datenschutzgesetze abgedeckt. Die EU behauptet ihre Führungsrolle mit der DSGVO und dem neu verabschiedeten KI-Gesetz, der weltweit ersten umfassenden KI-Regulierung.
Sektoren wie Biometrie, Kinderdaten und Gesundheitsdaten genießen unterdessen durch branchenspezifische Regelungen einen stärkeren Schutz. So enthält beispielsweise das neue Gesetz in Maryland strikte Verbote für den Verkauf von Daten Minderjähriger, während Minnesota Einzelpersonen das Recht einräumt, KI-gestützte Profilerstellung zu hinterfragen und Erklärungen anzufordern.
KI-gestützte Tools wie hochgradig personalisierte Assistenten oder KI-integrierte Browser versprechen Effizienz und maßgeschneiderte Nutzererlebnisse. Doch sie nutzen zunehmend detailliertes Verhaltens-Tracking. Anders als herkömmliche Cookies überwachen diese Systeme tiefgreifende Muster und persönliche Daten, oft verpackt in schwer nachvollziehbaren „Black-Box“-Profilen.
Obwohl DSGVO und CCPA grundlegende Datenschutzstandards festlegen, schreiten Innovationen schneller voran als die Politik. Es wird immer lauter nach datenschutzorientiertem KI-Design, Transparenz und kontinuierlicher Governance, um das Vertrauen zu wahren.
Am beunruhigendsten ist wohl die Entwicklung von Gehirn-Computer-Schnittstellen (BCIs). US-Senatoren forderten die FTC kürzlich auf, zu untersuchen, wie Neurotechnologie-Unternehmen mit Gehirndaten umgehen, die oft keine Opt-out-Möglichkeiten bieten und nicht durch HIPAA geschützt sind. Obwohl einige Bundesstaaten wie Kalifornien und Colorado neuronale Daten in den Verbraucherschutz einbeziehen, fehlen umfassende Schutzmaßnahmen.
In Europa hat ein geplanter Gesetzesentwurf zur Überprüfung aller Nutzernachrichten auf kinderpornografische Inhalte heftige Kritik hervorgerufen. Obwohl die Absicht lobenswert ist, warnen Cybersicherheitsexperten davor, dass eine solche Überwachung die Verschlüsselung untergraben und Tür und Tor für eine umfassendere, unberechtigte Überwachung öffnen könnte.
In vielen Bereichen bleibt die Einwilligung statisch. Man setzt ein Häkchen und fertig – oft ohne genau zu verstehen, wie die eigenen Daten im Laufe der Zeit verwendet werden.
Im Gegensatz dazu steht die dynamische Einwilligung – ein Konzept, das in der medizinischen Forschung zunehmend Anwendung findet. Sie bietet eine digitale Schnittstelle, über die Nutzer ihre Einwilligungseinstellungen aktualisieren, Echtzeitinformationen zur Datennutzung erhalten und sich interaktiv an laufenden Projekten beteiligen können. Dieses Modell fördert Transparenz und Vertrauen, ist aber außerhalb der Biomedizin noch die Ausnahme.
Bei sprachgesteuerten Systemen (wie Alexa) erscheint die mündliche Einwilligung benutzerfreundlich, kann aber eine echte informierte Einwilligung leicht untergraben. Akademische Studien zeigen, dass Experten ein besseres Design fordern: Die Einwilligung sollte minimiert, ein einfaches Opt-out ermöglichen und auf fundierten Prinzipien basieren – nicht nur auf Benutzerfreundlichkeit.
Die Access Partnership plädiert für die Datenverordnung 2.0, die explizit auf neue Technologien zugeschnitten ist – ein agilerer und technologieorientierterer Rahmen als herkömmliche Gesetze.
Organisationen sollten Datenschutz durch Technikgestaltung (Privacy by Design) verfolgen und Governance, Risikobewertung und menschliche Kontrolle von Anfang an in KI-Systeme integrieren.
Leitfäden wie der Bericht des Europäischen Datenschutzausschusses (EDPB) zu Lebenszyklusmanagementsystemen (LLMs) bieten praktische Datenschutzkontrollen, die die Durchführung von Folgenabschätzungen, die Steuerung von Datenflüssen und die Integration von Risikominderungsmaßnahmen über den gesamten Lebenszyklus von KI hinweg ermöglichen.
Regulierungen wie NIS2 und DORA betonen Cyberresilienz, die Meldung von Vorfällen und das Risiko von Drittanbietern und erweitern den Aufgabenbereich von Datenschutzteams auf eine umfassendere Sicherheits-Governance.
Innerhalb von Organisationen darf Datenschutz nicht länger isoliert betrachtet werden. Stattdessen ist die teamübergreifende Zusammenarbeit zwischen Datenschutz, IT, Marketing und Recht unerlässlich für ein verantwortungsvolles Datenmanagement.
Rahmenwerke für die KI-Governance, Systeme für das Einwilligungsmanagement und automatisierte Compliance-Tools (wie solche zur Risikosteuerung und für Audit-Trails) gewinnen zunehmend an Bedeutung.
Neue Technologien stellen die Grenzen aktueller Datenschutzmodelle infrage. Black-Box-KI, Gehirndaten und Massenüberwachung sind nur einige Beispiele dafür, wie die Technologie die bestehenden Gesetze überholt.
Um diesem Wettlauf gerecht zu werden, verbessern sich die regulatorischen Rahmenbedingungen zwar, jedoch uneinheitlich. Die EU und einige US-Bundesstaaten machen Fortschritte, doch es existiert kein einheitliches globales System für KI, Neurotechnologie und Überwachung. Auch die Einwilligungsmechanismen bleiben weitgehend statisch. Wirklich dynamische, nutzerzentrierte Modelle sind noch immer Nischenprodukte.
Wie sollten Unternehmen vorgehen? Risikominderung muss breiter angewendet werden, begleitet von zukunftsorientierten Regulierungen. Datenschutz durch Technikgestaltung sollte flächendeckend eingeführt, Einwilligungsstandards harmonisiert und Governance- sowie Einwilligungstools priorisiert werden. Letztlich können Organisationen zwar Lösungen und bewährte Verfahren übernehmen, doch mit den sich rasant entwickelnden Technologien Schritt zu halten, ist eine ständige Herausforderung, die kontinuierliche Wachsamkeit erfordert.